Was haben Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit chronischer Entzündung und Autoimmunprozessen zu tun?

Die Rolle des Darms und des Darm-assoziierten Immunsystems bei der Entstehung verschiedener chronischer Erkrankungen, einschließlich Autoimmunerkrankungen, gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit.

Der Großteil des Immunsystems ist im Magen-Darm-Trakt lokalisiert, dort bildet es eine selektive Barriere für und dient der Kontrolle des Darminhaltes. Das Darmlumen (das Darminnere) ist durch nur eine Zellschicht, die Darmschleimhaut, vom Körperinneren getrennt. Die Darmschleimhaut wird von Immunzellen überwacht, die der Erkennung und Vernichtung von Pathogenen, sowie der Vermittlung von Immuntoleranz gegenüber Nahrungsbestandteilen und der gesunden Darmflora dienen. Das bedeutet, das Immunsystem schaut sich an, was im Darm ankommt und entscheidet dann, ob es sich um Freund oder Feind handelt. Bei einer gesunden Darmbarriere kommt das Immunsystem dabei nur  mit einer geringen Menge an potentiell gefährlichen Stoffen (Darmbakterien, Nahrungsbestandteile, Giftstoffe usw.) in Kontakt.

Normal wäre eine „Toleranzantwort“ des Immunsystems auf harmlose Nahrungsbestandteile. Das Immunsystem „sieht“ ein Kuhmilchprotein und informiert die anderen Immunzellen, dass alles in Ordnung ist. Es kommt zu keiner Reaktion auf diesen Nahrungsbestandteil. Ist dieses System gestört, beispielsweise durch eine defekte Darmbarriere, eine gestörte Darmflora oder eine gestörte Immuntoleranz, sprich hyperaktive Immunzellen, so kann dies zur Entstehung einer Nahrungsmittelunverträglichkeit beitragen und zu einer chronischen Entzündung führen. Dabei ist eine gestörte Immuntoleranz eine Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Autoimmunerkrankung oder Allergie. Anders gesagt, leidet man unter einer Allergie oder einer Autoimmunerkrankung, ist die Gefahr für die Entstehung einer Nahrungsmittelallergie oder Nahrungsmittelunverträglichkeit extrem erhöht. Gleiches gilt, wenn die Verdauung chronisch gestört, die Darmflora beeinträchtigt (z.B. durch Antibiotika), oder eine chronische Entzündung bzw. Stressbelastung vorhanden ist.

Hinzu kommt, dass sehr viele (der Großteil?) der Lebensmittel die wir heutzutage konsumieren, per se die Darmbarriere und das Mikrobiom schädigen und das Immunsystem reizen können. Dazu tragen nicht nur die künstlichen Inhaltsstoffe und Pestizide in der Nahrung bei, sondern auch natürliche Abwehrstoffe in Pflanzen, die wir traditionell nie ganzjährig, in größeren Mengen und ohne die Einhaltung spezieller Zubereitungsmethoden gegessen haben. Beste Beispiele hierfür sind z.B. Nüsse (gab es nur regional und in kleinen Mengen, niemals als Mehl/Mus/“Milch“), Hülsenfrüchte und Getreide (wurde immer nur nach langwieriger Vorbereitung wie mehrmaliges Wässern, Waschen und langer Fermentation gegessen).

 Dabei handelt es sich bei dem Zusammenspiel von Nahrung – Darmschädigung und Aktivierung des Immunsystems um einen Teufelskreis. Denn die resultierende Entzündung führt zu einer weiteren Störung der Darmbarriere, des Immunsystems und der Darmflora. Das Resultat ist, dass auf die erste Nahrungsmittelallergie oder Unverträglichkeit über kurz oder lang die nächste folgt. Und so weiter. 

Wichtig: die zu Grunde liegenden immunologischen Prozesse, die zu diesen Unverträglichkeiten beitragen, sind komplex und beruhen keineswegs nur auf den klassischen Allergiemechanismen (IgE-Antikörpervermittelt). Daher lassen sich auch nur wenige dieser Unverträglichkeiten im Labor nachweisen. Ein negativer Allergietest bedeutet somit keineswegs, dass man ein bestimmtes Lebensmittel verträgt. 

Dabei gibt es eine Reihe von Lebensmitteln die generell problematisch sind, auf weitere Lebensmittel wird dann reagiert, solange der Darm quasi wie eine offene Wunde reagier und keinerlei Schutzbarriere gegenüber den Nahrungsbestandteilen aufweist.

Folglich ist es bei bestehenden Beschwerden sinnvoll zum einen die „üblichen verdächtigen“ zu meiden und zum anderen auszutesten, ob und welche Lebensmittel man wirklich gut verträgt. Dabei gibt es meist Lebensmittel, auf die bereits in kleinen Mengen reagiert wird. Andere verträgt man bis zu einer bestimmten Dosis, bei bestimmter Zubereitung, Kombination mit anderen Lebensmitteln oder in bestimmten Situationen. 

Auch die Beschwerden die durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten ausgelöst werden können sind sehr vielfältig und reichen von Verdauungsproblemen über Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Hautproblemen, Müdigkeit bis hin zu Schlafstörungen. Es kann dabei bis zu 96 Stunden dauern bis die Reaktion auf ein Lebensmittel auftritt und je nach Mechanismus, über mehrere Wochen anhalten.

Es lohnt sich daher bei vorhandenen Beschwerden zu testen, ob Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorliegen. Lebensmittel, die generell problematisch sind (zumindest wenn Zubereitung, Verdauung, Immunsystem und Mikrobiom nicht optimal sind) beinhalten:

  • Kuhmilch und Kuhmilchprodukte
  • Glutenhaltiges Getreide (Weizen, Dinkel, Einkorn, Roggen, Gerste)
  • Hülsenfrüchte
  • Nachtschattengewächse (Tomate, Aubergine, Paprika, Kartoffel)
  • regelmäßiger Verzehr sehr oxalatreicher Lebensmittel (z.B. Spinat, Mangold, die meisten Nüsse, Chia u.v.m.)

Wie, wann, wie lange und auf was reagiert wird ist dabei individuell unterschiedlich und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Manche Unverträglichkeiten lassen sich dabei mit der Zeit bei zunehmender Gesundung überwinden, andere Lebensmittel müssen langfristig gemieden werden um die Beschwerden in den Griff zu bekommen.

Die Identifikation der verträglichen und unverträglichen Lebensmittel ist aufwändig und kann zu Stress und Angst vor dem Essen führen. Wenn Sie Unterstützung benötigen kontaktieren Sie mich.

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